Zeit des Abschieds

CH, 2006

FilmDokumentation

In dieser zutiefst berührenden und momenthaft verstörenden Dokumentation ist es der Tod selbst, der sichtbar wird

Min.63

«So, ich bin bereit zu sterben, ich habe alles unterschrieben. Geht's weiter?», fragt Giuseppe Tommasi, von seinen Freunden Giusi genannt, etwas schelmisch. Der Körper des Schwerkranken wird unaufhaltsam vom Krebs zerstört, und Giusi weiß, dass es in Wirklichkeit nicht allzu lange weiter gehen wird. Wenn die medizinische Prognose schon keine Hoffnung lässt, dann soll zumindest ein Weg gefunden werden, der restlichen Zeit einen Sinn abzutrotzen, Bilanz zu ziehen, Erklärungen zu suchen und vielleicht zu finden. Der Film des befreundeten Regisseurs Mehdi Sahebi soll mit dazu beitragen, einen würdevollen Abschiedsbrief zu formulieren. Dicht bleibt die Kamera an Giusi, an den wilden, schwarzen Haaren, an den funkelnden Augen, am Körper, der zunehmend erschöpft ist und Zeugenschaft heutiger Medizin ablegt: Kanülen, Ventile, durch die Medikamente, Schmerzmittel und manchmal Methadon fließen, sind daran befestigt, und die Markierungen des Bestrahlungsteams breiten sich auf der Haut aus wie Skizzen moderner Kunst. Ganz nebenbei legt Zeit des Abschieds die Groteske der lebensverlängernden Heilkunst offen. Stets gelingt der Weg von der Oberfläche in die Tiefe, auch dank der scharfsinnigen, sogar humorvollen Reflexion des Sterbenden. Fast alles wird aus einer Gegenwart ohne Zukunft gewonnen, die manchmal klaustrophobisch und beängstigend ist, dann wieder in ihrer vorgelebten Ungezwungenheit eine Art Katharsis in sich trägt. Er wolle nicht als Junkie sterben, lieber als Vater, allenfalls als Bürger, sagt Giusi. Und am Ende stirbt er, vor der Kamera: als Mensch.

(Text: Viennale 2006)

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