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Filmkritik

"La La Land": Tanz und Gesang im Zeichen der Musical-Nostalgie

Damien Chazelle inszeniert trotz perfekter Umsetzung eine weitgehend sterile Stilübung im Zeichen alter Musical-Herrlichkeit.

01/11/2017, 10:46 AM

Atemberaubende Eröffnung

Einst war die Filmwelt ein großes Musical-Land, das uns unglaubliche Tanz- und Gesangsnummern beschert hat, doch das ist seit knapp einem halben Jahrhundert wieder so ziemlich vorbei. Es kommt einfach nicht mehr gut an, dass jemand in jeder beliebigen Lebenslage losträllert und das Tanzbein schwingt. Wenn es hingegen nach dem jungen Regisseur Damien Chazelle geht, müsste sich das schnell wieder ändern, denn der weiß, wie man sich auch heutzutage in Musical-Laune versetzt. Ein Beispiel gefällig? Da gibt es den üblichen Morgenstau auf dem Highway. In jedem Auto läuft andere Musik und jeder trommelt im eigenen Takt aufs Lenkrad oder summt die Melodie mit. Plötzlich beginnt eine junge Frau zu singen, verlässt gleich darauf ihren Wagen, schlängelt sich tanzend zwischen den stehenden Autos hindurch, alle Menschen aus ihrer Umgebung stimmen in diesen Gesang ein und tanzen selber immer entfesselter mit, steppen auf Autodächern oder springen mit Skateboards und Fahrrädern über Kühlerhauben, bis schließlich der ganze lange Highwayabschnitt zu einer riesigen Bühne geworden ist, auf der orgiastisch „Another Day of Sun“ begrüßt wird.

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Diese geniale - mit einer unglaublich wendigen Kamera gefilmte - Eröffnungssequenz könnte man ohne weiteres als eigenständiges Musikvideo auskoppeln. Besser kann nämlich der folgende Film gar nicht mehr werden, denn nun scheint Chazelle das Zeitgemäße wieder vergessen zu haben und tut alles, um in Nostalgie zu versinken, weil er im 21. Jahrhundert ein Musical im Stil der 1950er Jahre à la „Singin' in the Rain“ (1952) oder „An American in Paris“ (1951) inszenieren möchte. (CinemaScope und das originale 20th Century Fox-Logo von 1953 dürfen dabei ebenfalls nicht fehlen.)

Ein kreatives Paar

In dem Stau sind auch die beiden Hauptfiguren Sebastian und Mia gesteckt und als sich die Kolonne wieder in Bewegung setzt, überholt der Mann die Frau, weil sie noch immer den Verkehr blockiert. Dieser ersten flüchtigen Begegnung folgen noch weitere, bis aus den Zwei schließlich ein Liebespaar geworden ist. Sie sind beide kreativ und versuchen schon lange, den großen Durchbruch zu schaffen: Mia ist Schauspielerin und eilt von Casting zu Casting, bei denen sie aber niemals eine Rolle ergattert; stattdessen muss sie sich den Lebensunterhalt an der Kasse eines Coffee-Shops im Filmstudio verdienen. Sebastian ist Jazz-Pianist, der sich mit Engagements über Wasser hält, die ihn heillos unterfordern; eigentlich träumt er davon, einen eigenen Jazz-Club zu eröffnen, obwohl er genau weiß, dass dieser Musikstil heute so gut wie tot ist. Beide bestärken einander in ihren Hoffnungen, doch als sich bei ihnen endlich der Erfolg einstellt, wirkt sich das negativ auf ihre Partnerschaft aus.

Nostalgie-Ballast

Sebastian schließt sich einer Gruppe an, die durch Beimischung zeitgemäßer Töne ein junges Publikum wieder für Jazz zu begeistern versucht. Ein ähnliches Ziel verfolgt Chazelle mit seinem Werk für das Musicalgenre. Leider gelingt ihm das nur sehr begrenzt: die Geschlossenheit und Intensität seines ersten Films „Whiplash“ erreicht der Regisseur diesmal nicht, denn „La La Land“ hinterlässt trotz aller Perfektion in der Umsetzung den Eindruck einer weitgehend sterilen Stilübung. Mias Zimmer wird von einem riesigen Ingrid Bergman-Poster dominiert und Chazelle spart nicht mit Anspielungen auf Filmklassiker wie „Casablanca“ oder „Rebel without a Cause“ (das Liebespaar sucht sogar den originalen Filmschauplatz des Griffith Park Observatoriums oberhalb von Los Angeles auf), lässt seine Figuren in der Dekoration berühmter Musical-Nummern auftreten und würde die Hauptdarsteller gerne zu würdigen Nachfolgern von Astaire + Rogers oder Bergman + Bogart hochstilisieren. Warum ist Chazelle nicht dem Stil der großartigen Anfangsszene treu geblieben und häuft stattdessen pausenlos Nostalgie-Ballast auf? Hollywood weiß seine Arbeit jedenfalls zu schätzen, wie man an sieben Golden Globes erkennt.

Daher zumindest 7 von 10 drehfreudigen Pu Pu Punkten

franco schedl

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