"XO, Kitty"-Kritik: Lohnt sich die "To All the Boys"-Serie auf Netflix?

"XO, Kitty"-Kritik: Lohnt sich die "To All the Boys"-Serie auf Netflix?

© PARK YOUNG-SOL/NETFLIX_film.at

Filmkritiken

"XO, Kitty": Lohnt sich die "To all the Boys"-Serie auf Netflix?

Nun ist die kleine Schwester dran: Kitty Song Covey reist um die halbe Welt, um ihren Freund wiederzusehen. Ob das eine gute Idee ist – genauso wie die Serie selbst?

von

Manuel Simbürger
Manuel Simbürger

05/19/2023, 07:23 AM

In unserer neuen Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und fragen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal(Alle Folgen von) "XO, Kitty" auf Netflix

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2018 ist Netflix mit "To All the Boys I’ve Loved Before" nicht nur ein ganz großer Streaminghit gelungen, der Film mit Lana Condor und Noah Centineo stellte auch den Startschuss für den Trend der Netflix-YA-RomComs dar. Eine ganze Reihe an ähnlich konstruierten, genauso lieblichen und mit ebenso hübsch anzusehenden Jungdarsteller:innen ballerte der Streaminganbieter in den kommenden Jahren raus, aber an den großen Erfolg des Erstlingswerks konnte man nicht mehr anschließen (nicht mal die beiden "To All the Boys"-Fortsetzungen wurden von Kritik und Fans mit derselben Euphorie aufgenommen).

Was macht man also, wenn man verzweifelt einen Trend, ein Genre, einen Erfolg wieder zum Leben erwecken möchte? Genau: Man begibt sich zum Ursprung, zur Quelle. Weil man aber, wie man so schön sagt, niemals nach Hause zurückkehren, sondern nur etwas Neues beginnen kann, hat Netflix sich entschieden, dem "To all the Boys"-Franchise eine neue Richtung zu geben: 

Seit 18. Mai ist die erste Staffel von "XO, Kitty" zu sehen, der "To All The Boys"-Serie, die Sequel und Spin-Off zugleich ist. Showrunnerin ist erneut die "Boys"-Autorin Jenny Han. Im Fokus stehen nicht mehr Lara und Peter, sondern Laras kleine quirlige Schwester Kitty, die einst dafür verantwortlich war, dass alle Boys des Originalfilms Laras Liebesbriefe bekamen. Der neue Fokus macht durchaus Sinn: Die Geschichte von Lara und Peter, so herzerwärmend sie auch gewesen sein mag, ist auserzählt, zudem hat sich Anna Cathcart dank ihrer erfrischenden und unerschrockenen Authentizität als Kitty von Beginn an als Scene-Stealerin erwiesen. Doch kann sie auch tatsächlich eine eigene Serie tragen?

Ab nach Korea!

Die Handlung von "XO, Kitty" ist vier Jahre nach "To All The Boys: Always And Forever" angesiedelt. Kitty ist immer noch schwer in ihren Brieffreund Dae (Choi Min Young) aus Korea verliebt. Und weil sie, wie auch in der Serie immer (und immer wieder!) gerne betont wird, eine begabte "Matchmakerin" ist, weiß Kitty einfach, dass Dae der Richtige für sie ist. Weil sie sich aber seit dem finalen "Boys"-Film nicht mehr gesehen haben und auch die große Schwester Lara außer Haus ist, ist sich die 16-jährige (!) Kitty sicher: Es ist Zeit für eine Veränderung in ihrem Leben. Und was für eine.

Mittels witziger PowerPoint-Präsentation überzeugt sie ihre Eltern (John Corbett und Sarayu Blue; die einzigen aus dem Cast der Originalfilme, die Gastauftritte in "XO, Kitty" absolvieren – sorry, Fans!), in Korea zu studieren, natürlich am selben Elite-Internat, das auch Dae besucht. Dass Dae davon nichts weiß und Kitty ihren Überraschungsbesuch samt ersten Kuss bereits minutiös geplant hat, lässt bei allen RomCom-Expert:innen natürlich die Alarmglocken läuten: Das kann nicht gut gehen!

Außerdem praktisch: Zufällig ist Daes Schule auch genau diejenige, an der auch Kittys verstorbene Mutter war, also nützt die Jugendliche auch gleich die Chance, mehr über sie und ihre koreanischen Wurzeln herauszufinden. 

Anna Cathcart als Kitty Song Covey im "To all the Boys"-Spin-off "XO, Kitty"

Die Glaubwürdigkeit ist so eine Sache

Die Grundprämisse von "XO, Kitty" setzt einiges an Gutgläubigkeit des Publikums voraus: Eine 16-Jährige besucht ganz allein einen fremden Kontinent für ein ganzes Jahr lang, obwohl sie dort niemanden kennt und auch die dortige Sprache nicht beherrscht. Wie unglaubwürdig das Ganze ist, scheint zumindest die Serie selbst zu wissen: In einem durchaus gelungenen Moment der Self-Awareness erkennt Kittys Vater, dass er gerade seiner Teen-Tochter erlaubt hat, um die ganze Welt zu reisen, um mit ihrem Boyfriend Sex zu haben. Er beschließt aber, besser nicht länger darüber nachzudenken – und das sollten wir Zuseher:innen auch nicht tun.

Doch das Thema Unglaubwürdigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Staffel: Besonders die Story der ersten beiden Folgen sind derart konstruiert, dass man nicht anders kann, als irgendwann genervt mit den Augen zu rollen. Wie viele Zufälle können an einem einzigen Tag einer einzigen Person passieren? Wie oft kann ein Mensch immer in genau der Situation, in der er etwas Wichtiges kundtun möchte (nämlich all die Missverständnisse aufklären), unterbrochen werden? Wie oft darf eine Hauptfigur sich tollpatschig verhalten, bis es einfach nicht mehr lustig ist? Und wie viele Twists und Turns kann eine Serie ertragen, bis sie die Grenze der Lächerlichkeit weit überschritten hat? 

Aber nicht nur das: "XO, Kitty" ist teils derart mit Storyplots überladen, dass die einzelnen (zahlreichen) Charaktere nicht die Chance bekommen, atmen zu können und das Erlebte zu verarbeiten. In rasender Geschwindigkeit (vor allem die Pilotfolge setzt alles daran, um möglichst schnell mit der Action loslegen zu können) geht's die insgesamt zehn, nur maximal dreißig minütigen Folgen voran, was aber auch bewirkt, dass die erste Staffel sich problemlos binge-watchen lässt.

Doch das schnelle Erzähltempo untergräbt auch die an sich dreidimensionalen Charaktere, die nur noch von einem Gemütszustand zum nächsten torkeln dürfen. Dass die Dialoge oftmals an der Peinlichkeits-Grenze schrammen und an Oberflächlichkeit nicht zu überbieten (unterbieten?) sind, hilft da freilich wenig – genauso wie das komplette Fehlen von Chemie zwischen einzelnen Charakteren, allen voran Kitty und Dae, weshalb man sich schwertut, tatsächlich für das Paar zu hoffen. 

Achtung, Zuckerschock-Gefahr!

Dass "XO, Kitty" in Korea angesiedelt ist, ist natürlich ein kluger Schachzug von Han – immerhin kommt sie damit dem K-Pop- und K-Drama-Trend entgegen, Fans dieser Genres werden auch durchaus ihre Freude an der Serie haben: Darsteller:innen-Newcomer und bereits bekannte Gesichter aus Korea machen den Hauptteil des Casts aus (besonders die Burschen könnten auch BTS-Mitglieder sein), zudem sorgt ein Mix aus westlichem und koreanischen Soundtrack für passende Untermalung. Die Schule von Kitty und ihren Freund:innen ist koreanisch, aber international anmutend genug, um für Identifikation bei Zuseher:innen aus aller Welt zu sorgen. 

Der visuelle Stil der Serie mag zwar auch an die knallig-bunte Popkultur Koreas erinnern, orientiert sich aber vielmehr an den "Boys"-Originalfilmen: Erneut dominieren Pastell- und Bonbonfarben Kittys Welt, was natürlich deren süß-unschuldig-naiv-idealistisch-kindlichen Charakter entgegenkommt. In "XO, Kitty" ist alles süß, sogar die Antagnost:innen mag man. Sogar die Abkürzung des Internats ist süß: KISS. Süß. Süß. Süß.

So süß, dass man als Zuseher:in Sorge trägt, vom Bingen Karies zu bekommen. Und so süß, dass "XO, Kitty" (auch wegen ihrer Hauptfigur) eher an ein Disney-Channel-Format als an jugendliche Jane-Austen-Erzählungen (wie die "Boys"-Filme) erinnert. Man könnte aber auch sagen: "XO Kitty" geht es um Herzensbildung anstatt um Provokation. In Zeiten von Skandal-Teen-Serien wie "Euphoria" auch mal ganz erfrischend.

Der Umgang mit einer fremden Kultur

Der Culture-Clash, der immer wieder Thema ist, ist eine weitere Unglaubwürdigkeit der Serie: Wie kann Kitty trotz ihrer koreanischen Wurzeln (und ihrem Korea-Besuch im vorherigen Film) so wenig über diese Kultur wissen? Und wie alle koreanischen Charaktere derart flüssig zwischen Koreanisch und Englisch switchen? Immerhin aber arbeitet "XO, Kitty" in Szenen ohne Kitty mit Untertiteln, was dem Ganzen dann doch wieder ein bisserl an Authentizität verleiht.

Auch die Suche nach der Vergangenheit ihrer Mutter gibt "XO, Kitty" eine gewisse Tiefe, die vielen anderen YA-RomComs (oder generell RomComs) fehlt – und stellt sicher, dass Kittys Reise nach Korea nicht bloß wegen einem Boy geschieht, sondern am Ende zum Selbstfindungs-Trip wird.

Es wird (bisserl) besser

In der zweiten Hälfte der Staffel ist "XO, Kitty" aber etwas leichter zu ertragen – vielleicht, weil man sich ob des Zuckerschicks sowieso bereits im Delirium befindet oder weil die Serie tatsächlich ihren Rhythmus gefunden zu haben scheint. Was man der Serie durchaus zugute halten muss: Man weiß tatsächlich nicht, wie das Ganze ausgehen wird, wer die große Liebe von Kitty ist – womit "XO, Kitty" ihren Genre-Kolleg:innen so einiges voraus hat. Der Charme von "To All the Boys" wird von "XO, Kitty" aber nie gänzlich erreicht.

Das Staffelfinale klärt einiges, lässt aber auch genug offen, um eine zweite Staffel zu ermöglichen – die wahrscheinlich kommen wird, von einem Erfolg von "XO, Kitty" darf man ausgehen. Denn der jungen Zielgruppe werden all die Kritikpunkte in diesem Review egal sein, sie wird sich an der "Wie Du und Ich"-Hauptfigur, dem süßen Cast, den bunten Farben, dem jugendlichen Esprit, dem Ernstnehmen der jugendlichen Held:innen mitsamt ihren Problemen sowie den leicht verdaulichen Gags erfreuen. Alle anderen – inklusive dem Autor dieser Zeilen – werden froh sein, nie wieder in die Zuckerl-Welt von Kitty eintauchen zu müssen.

Wo kann man "XO, Kitty" streamen? 

Seit dem 18. Mai kann man sich "XO, Kitty" auf Netflix ansehen. 
 

2 von 5 Sternen

Für Fans von: "The Summer I Turned Pretty", "Fuller House", "To All the Boys" Teil 1-3 – und eigentlich allen Netflix-YA-RomComs

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