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Serien-Review

Star Trek Discovery: Widerstand ist zwecklos

Serien-Review: Die Attacke auf die Tränendrüse und das Umschreiben altbekannter "Star Trek"-Geschichten wird unter Showrunner Alex Kurtzman zur Routine.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

04/02/2019, 07:54 AM

"Star Trek"-Franchise-Chef Alex Kurtzman ist ein Meister der rückwirkenden Veränderung im Rahmen einer bereits bekannten Geschichte, des sogenannten Retconning (Retroactive Continuity). Das hat er bereits beim Kino-Reboot von "Star Trek" bewiesen. In der Episode "Der Zeitsturm" (Originaltitel: "Perpetual Infinity") wird Zeitreise erneut als Instrument genutzt, um die bekannte Geschichte umzuschreiben. Burnham drückt wieder auf die Tränendrüse und sorgt mit plakativen Seifenoper-artigen Emotionen für gelungene Ablenkung von den unzähligen logischen Schlaglöchern der eigentlichen Zeitreise-Story. Und als Sahnehäubchen bekommen Trekkies diesmal ein ganz besonderes Easter Egg präsentiert.

Doch zunächst einmal: SPOILER-ALARM! Wer die Episode "Der Zeitsturm" von "Star Trek: Discovery" noch nicht gesehen hat, sollte hier nicht weiterlesen.

 

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Der Rote Engel ist also Burnhams Mutter, in weiterer Folge zur besseren Unterscheidung einfach Dr. Burnham genannt. Diese Enthüllung ist zwar eher eine Referenz an das Fantasy-Universum von "Star Wars", aber Schwamm drüber. Um ihre Familie vor dem Angriff der Klingonen zu retten, wollte Dr. Burnham eigentlich mit dem von ihr erfunden Zeitreise-Anzug nur eine Stunde in die Vergangenheit springen. Aber Zeitreise ist bekanntlich kompliziert und nicht ungefährlich. Sie ist stattdessen 950 Jahre in der Zukunft gelandet. Seitdem ist sie dort gestrandet. Denn wann immer Dr. Burnham in die Vergangenheit springt, wird sie von "der Zeit" wie von einem Gummiband wieder zurück zu ihrem Ausgangspunkt gezogen. Für Stamets ist das ganz einfach durch das 3. Newton'sche Bewegungsgesetz erklärbar. Ob das seine Kompetenz unterstreicht? Jedenfalls war das pseudo-wissenschaftliche Technobabble von Star Trek auch schon schlauer als in dieser Episode.

Die "große Mission" von Dr. Burnham ist jedoch nach all den Jahrzehnten in der Zukunft nicht mehr (hauptsächlich) die Rückkehr zu ihrer Familie, sondern der Kampf gegen "Control": Die künstliche Intelligenz wird in der Zukunft sämtliches Leben in der Galaxis auslöschen. Damit lagen wir schon einmal ziemlich falsch, denn noch vor zwei Wochen haben wir an dieser Stelle bezweifelt, dass "Control" der Grund für den Besuch des Roten Engels ist.

 

Widerstand ist zwecklos

Immer und immer wieder hat Burnhams Mutter versucht, die Entstehung einer übermächtigen KI zu verhindern. Doch bisher ist sie immer gescheitert. Immer hat die KI in 950 Jahren das gesamte Leben in der Galaxie ausgelöscht. Fast hätte sie angesichts ihrer Rettungsaktion für die Menschheit sogar auf die plakativen Seifenoper-artigen Emotionen beim Wiedersehen mit ihrer Tochter vergessen. Aber keine Sorge, das übertrieben emotionsgeladene Familiendrama kommt dann doch noch. Sonequa Martin-Green muss nun schon fast in jeder Episode ordentlich auf die Tränendrüse drücken. Das nervt inzwischen ebenso wie der klischeehafte und inzwischen nicht mehr lustige "Runnig Gag" mit der Redseligkeit von Tilly. Aber immerhin wird bei all der Gefühlsduselei ganz gut von den gravierenden Lücken im Zeitreise-Plot abgelenkt.

Wir wollen uns daher gar nicht mit den logischen Schlaglöchern der Zeitreise-Story beschäftigen, sondern nur ein paar Fragen aufwerfen: Wovon hat eigentlich Dr. Burnham in der Zukunft mehrere Jahrzehnte lang gelebt? Hat sie die ganze Zeit dank ihrem Zeitreise-Anzug außerhalb der Zeit existiert und daher keine Nahrung benötigt? Warum ist sie dann gealtert und nimmt wahr, wie viel Zeit schon vergangen ist seit sie ihre Familie verlassen hat? Kann sie in der Zukunft ohne Zeitreise-Anzug überleben? Ist Burnhams Mutter nun tot, nachdem sie ohne Zeitreise-Anzug zurück in die Zukunft gezogen wurde?

 

Sind wir Borg?

Viel spannender ist hingegen die Entwicklung der künstlichen Intelligenz "Control". Sie injiziert Sektion-31-Chef Leland Nano-Technologie, die sehr an die "Nanoprobes" des Borg-Kollektivs erinnern. Damit assimilieren die legendären KI-Bösewichter des "Star Trek"-Universums organische Lebensformen. Das Wort Borg fällt zwar zu keinem Zeitpunkt dieser Episode und es könnte sich auch um eine bloße Anspielung, eine Art Easter Egg für Trekkies, handeln. Doch einige Hinweise legen die Vermutung nahe, dass Leland der erste Borg-Prototyp ist. Ist es Zufall, dass die Sektion 31 einen Fetisch für schwarzes Leder zu haben scheint, wie auch die 100 Jahre später im "Star Trek"-Universum auftauchenden Borg? Zu Leland sagt die KI bevor sie seinen Körper übernimmt: "Sich zu wehren ist zwecklos." Das erinnert sehr an das Mantra der Borg: "Widerstand ist zwecklos."

Tatsächlich könnte es mit ein wenig Fantasie durchaus möglich sein, dass wir in dieser Episode die Geburt des ersten Borg miterlebt haben. Die KI "Control" (uns ist noch immer nicht klar, ob sie sich aus einer Föderationstechnologie zur Gefahrenanalyse entwickelt hat – was passend wäre – oder aus der Zukunft stammt und "Control" nur infiziert hat) könnte eine frühe Version des Borg-Kollektivs sein.

Zum ersten Mal sind die Borg, die viele Trekkies für die besten Schurken im "Star Trek"-Universum halten, in der "Star Trek: The Next Generation"-Episode "Zeitsprung mit Q" aufgetaucht. Also erst in rund 100 Jahren. In dieser und späteren Episoden wurde klar, dass die Borg aus dem Delta-Quadranten kommen. Sogar moderne Raumschiffe wie die USS Voyager würden rund 80 Jahre benötigen, um vom Delta- in den Alpha-Quadranten zu reisen, wo die Föderation liegt. Aber nicht nur räumlich, auch zeitlich gibt es Widersprüche: In "Star Trek: Voyager" wurde bekannt, dass die Borg im Delta-Quadranten bereits zu einer Zeit die ersten Planeten assimilierten als auf der Erde noch das Mittelalter herrschte. Wie kann also der erste Borg erst im Jahr 2257 im Alpha-Quadranten entstehen?

Theoretisch wäre es schon vorstellbar, denn wir befinden uns in einer Zeitreise Geschichte. Es könnte also durchaus sein, dass die KI nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit reist, um sich dort in aller Ruhe entwickeln zu können. Und auch der Sprung in den Delta-Quadranten wäre mit dem Sporen-Antrieb der USS Discovery möglich. Vorstellbar wären zwei Szenarien: Gewinnt die KI und wird zur übermächtigen KI, könnte die USS Discovery zum Schutz der Föderation dazu gezwungen sein, "Control" bzw. Leland weit weg und in die Vergangenheit zu schicken. Verliert die KI gegen die USS Discovery, könnte sie vor der Föderation in eine weit entfernte Region und Zeit fliehen.

Jedenfalls gehen wir davon aus, dass wir Leland – der nun wohl endgültig das Gesicht der KI ist – wiedersehen werden.

 

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