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Filmkritik

"Ayka": Überleben am Existenzminimum

Jährlich starten 400 neue Filme in unseren Kinos. Die großen Meisterwerke kann man an einer Hand abzählen - "Ayka" ist eines davon.

von Oezguer Anil

05/23/2019, 08:23 AM

Ayka (Samal Yeslyamova) hat ein Kind auf die Welt gebracht, doch sie hat kein Geld, um es groß zuziehen. Die illegal in Moskau lebende Kirgisin bricht aus dem Krankenhaus aus und lässt ihr Neugeborenes hinter sich. Um sich über Wasser zu halten nimmt sie jede Schwarzarbeit an, die sie kriegen kann. Eigentlich wollte sie sich in Russland selbstständig machen und eine Nähwerkstatt eröffnen, doch finanzielle Schwierigkeiten trieben sie in die Hände von Gangstern, die ihr ein zweitägiges Ultimatum für die Tilgung ihrer Schulden stellen. Ein Höllenritt durch das eisige Moskau beginnt.

Harte Realität

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Ayka“ ist einer der beklemmendsten Kinofilme der letzten Jahre. Die Geschichte einer verzweifelten Mutter, die ihr Kind zurücklässt, um ihr eigenes Leben wieder auf die Reihe zubekommen, geht durch Mark und Bein. Regisseur Sergey Dvortesvoy porträtiert das Schicksal eines Flüchtlings in Moskau mit einer Eindringlichkeit, die einen packt und an den Kinosessel fesselt. Der ehemalige Dokumentarfilmemacher betont zwar immer wieder, dass sein Zugang sehr intuitiv und dokumentarisch sei, doch jede Kamerabewegung und jeder Schnitt sind hier auf das minutiöseste geplant. Die Kamera ist stets dicht an der Hauptfigur dran und reagiert auf Ereignisse auf ihrem Umfeld genauso überrascht wie die Schauspielerin, dadurch sind Realität und Fiktion hier nicht leicht von einander zu unterscheiden.

Schauspielwunder

Der große Star dieses atemberaubenden Dramas ist die kasachische Schauspielerin Samal Yeslyamova. Sie besitzt die Natürlichkeit einer Laiendarstellerin und die Wandlungsfähigkeit einer arrivierten Schauspiellegende. Ihre Figur zerrupft dampfende Hühner, schaufelt Schnee, wischt den Schmutz in einer Tierklinik auf und hat in der Nacht nur eine Matratze in einem stickigen Hinterzimmer, das sie ihr eigen nennen darf. Trotz aller Schwierigkeiten in ihrem Alltag verfällt ihr Schauspiel niemals in eine Sentimentalität, sondern bleibt stets eine Projektionsfläche für den Zuseher. Für ihre unglaubliche Leistung wurde sie verdienterweise mit dem Preis als beste Darstellerin auf den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnet.

Der Ton macht die Musik

Regisseur Sergey Dvortsevoy kreiert in „Ayka“ ein sinnliches Kinoerlebnis, das genauso viel Wert auf unsere Ohren wie auf unsere Augen legt. Der Ton trägt einen großen Teil zur bedrückenden Stimmung in Aykas Alltag bei. Es vermischen sich laute LKWs und Schneestürme mit nuckelnden Welpen und keuchenden Kindern – ein Sammelsurium an Geräuschen, die sich zu einer einzigartigen Tonkulisse vermischen. Das auf 16mm Film gedrehte Bildmaterial gibt der Handlung eine Haptik und bringt die Körperlichkeit der Geschichte auch auf visueller Ebene zur Geltung.

Filmwunder

Trotz der tragischen Handlung und der ungeschönten Realität sollte man diesem Meisterwerk auf jeden Fall eine Chance geben. Kein Liebes- oder Familiendrama im Kinoprogramm wird einen bleibenderen Eindruck beim Publikum hinterlassen als "Ayka".

Eine junge Kirgisin, die ihr neugeborenes Kind aus Geldmangel nicht ernähren kann, muss sich einer existentiellen Entscheidung stellen.

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