"Miller's Girl"

"Miller's Girl"

© Lionsgate

Filmkritiken

"Miller's Girl": Eine Möchtegern-Lolita für die Gen Z

Eine gelangweilte Schülerin verführt ihren Lehrer mit Klischees. Ab 14. März im Kino

03/11/2024, 10:36 AM

"Miller's Girl" erzählt die klassische Geschichte eines frühreifen Mädchens, das in ihren Lehrer verliebt ist - und umgekehrt. Der pseudo-provokante Film der amerikanischen Debütautorin und Regisseurin Jade Halley Bartlett will Vladimir Nabokov, Tennessee Williams und Henry Miller nachahmen, aber das vermeintliche Erotikdrama hat die intellektuelle und sinnliche Kraft eines Telefonbuchs. Ab 14. März im Kino.

Die Geschichte von "Miller's Girl" beginnt damit, dass Jenna Ortega den ersten von vielen gekünstelten Monologen hält, in denen sie die Grundlagen ihrer Figur für ihr Publikum darlegt: "Ich bin 18 Jahre alt und völlig unauffällig", erzählt sie uns, obwohl ihr "süßer" Name Cairo Sweet etwas ganz anderes nahelegt. Sie wandert später in Kniestrümpfen und Minirock verführerisch durch einen nebligen Wald. "Ich bin das gruseligste Ding da drin", schnurrt sie, als ihr Lehrer das Mädchen fragt, ob sie denn keine Angst habe.

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Mit ihren langen, schwarzen Haaren, ihren kastanienbraunen Augen und ihrer abgeklärten Art zu sprechen, ist die Figur der Cairo Sweet ähnlich angelegt wie die Rolle der Wednesday Addams, die Jenna Ortega berühmt gemacht hat. Die Netflix-Serie hat das makabre Mädchen für ein junges Publikum der Generation Z neu erfunden. Das gleiche scheint hier mit Vladimir Nabokovs skandalumwitterter Kindfrau Lolita zu geschehen, aber im Jahr 2024 kommt das sehr veraltet daher.

Der Debütfilm der Autorin, Regisseurin und Produzentin Jade Halley Bartlett strotzt vor amerikanischer Erotikliteratur und hat einen Hauch von Southern Gothic (es gibt viel Nebel, Exzentrik und Schwüle), aber bleibt am Ende blutleer. Es hilft auch nicht, dass sie ihrer Hauptdarstellerin Sätze wie "Liebeskummer ist wie ein Autounfall in Zeitlupe, der zu Mozart spielt" in den Mund legt. Sie lebt allein und gelangweilt in einem alten Herrenhaus im amerikanischen Süden, weil ihre reichen Eltern ständig unterwegs sind und die Tochter ihrer lebhaften Fantasie überlassen.

Aber das ändert sich alles, als sie sie ihren neuen Literaturlehrer Jon Miller (Martin Freeman aus "Sherlock") trifft, ein sanftmütiger Kerl mit einer Ehefrau (Dagmara Domińczyk), die in einem Theaterstück von Tennessee Williams mitspielen könnte. Sie ist die unterhaltsamste Figur im ganzen Film: eine üppige Alkoholikerin, die den ganzen Tag von zu Hause aus arbeitet, sich in Negligés rekelt und ihren Mann für einen Verlierer hält - zurecht muss man sagen.

Da kommt Cairo Sweet gerade richtig mit ihren großen, bewundernden Augen. Der viel ältere Mann fühlt sich geschmeichelt und glaubt, in seiner Schülerin den nächsten James Joyce entdeckt zu haben, also sitzen sie nach dem Unterricht herum und zitieren einander auswendiggelernte Passagen aus der Arbeit des anderen (es ist nicht sehr prickelnd). 

Das Ganze gerät aus den Fugen als er ihr die Aufgabe gibt, eine Kurzgeschichte im Stil ihres Lieblingsautors zu schreiben, und Cairo sucht sich natürlich Henry Miller aus, Enfant terrible der amerikanischen Literaturwelt (daher auch die doppelte Bedeutung des Titels "Miller's Girl"). "Das geht doch nicht!" sagt er empört. "Wenn es nicht umstritten ist, ist es nicht interessant", säuselt sie in sein Ohr. Am Ende liefert sie einen erotischen Essay ab, bei dem sich Henry Miller im Grab umdrehen würde. Der Lehrer macht einen Rückzieher und die Schülerin wird aus Rache seine Karriere ruinieren.

Das ist alles weder besonders neu, noch erotisch oder nuanciert. Bei einem Film über eine Beziehung zwischen Schülerin und Lehrer würde man meinen, dass es in Zeiten von MeToo etwas nuancierter um Erotik, Tabus und Machtungleichgewichte geht, aber das Drehbuch stammt aus dem Jahr 2016 und produziert hat das Drama ausgerechnet Seth Rogen, der eher für schmutzige Männerkomödien bekannt ist. Wirklich etwas zu sagen hat "Miller's Girl" leider nicht.

(Von Marietta Steinhart/APA)

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