„The Farewell“: Trauerarbeit auf Chinesisch

Eine Gruppe asiatischer Personen steht auf einer Straße in Queens, New York.
Der Independentfilm aus den USA begleitet eine chinesischstämmige Amerikanerin auf ihrer skurrilen Reise nach China.

Billi (Awkwafina) ist Mitte zwanzig und lebt als Autorin in New York. Für ihre chinesischen Wurzeln hat sie sich nie sonderlich interessiert, doch als sie von der Krebsdiagnose ihrer in China lebenden Oma erfährt, möchte sie das ändern. Ihr Wunsch, sie noch ein letztes Mal zu besuchen, wird ihr jedoch von ihren Eltern verwehrt. Sie wollen die Diagnose vor der ahnungslosen Oma geheimhalten und befürchten, dass Billi ihre Emotionen nicht in den Griff bekommt. Ihren Eltern zum Trotz reist die selbstbewusste junge Frau in ihre Heimat und sieht sich mit einer fremden Welt konfrontiert.

Originell

Eine junge Frau lehnt an der Schulter einer älteren Frau am Esstisch, umgeben von Familienmitgliedern und Speisen.

The Farewell“ ist der erst Film von Lulu Wang. Die Regisseurin wurde in China geboren und zog mit sechs Jahren in die USA. In ihrem Spielfilmdebüt behandelt sie ihre persönliche Lebensgeschichte und zeigt die Schwierigkeiten, denen Menschen mit Migrationshintergrund ausgesetzt sind, ohne dabei ihre Herkunft zu problematisieren. Im Zentrum der Tragikomödie steht ein moralisches Dilemma, das die Gehirnzellen des Publikums sofort in Bewegung bringt. Die Frage, ob man der todkranken Oma von ihrer Krankheit erzählen soll oder nicht, sorgt für eine spannende Diskussionsgrundlage über Familie und Verantwortung. Wang schafft es, diese Frage so elegant zu stellen, dass die Gespräche noch außerhalb des Kinosaals weitergehen können.

Europäischer Einfluss

Eine junge Frau blickt nachts in einer von Neonlicht beleuchteten Straße nach oben.

Vorbild der jungen Filmemacherin ist der schwedische Regisseur Ruben Östlund. Neben den gleichen erzählerischen Mitteln und einer durch ihn inspirierten, auf Reduktion ausgelegten Kameraarbeit, verwendet Wang auch direkte Zitate aus seinem Publikumserfolg „Force Majeur“. Mit Östlund als Vorbild hat sie sich einen der spannendsten Filmemacher unserer Zeit ausgesucht, auch wenn sie noch nicht an die Werke des Schweden herankommt, spürt man bei beiden Regisseuren ein großes Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Publikum.

Viel Gegenwind

Ein junges Paar umarmt sich vor einem rosa Herz, während eine ältere Frau traurig zusieht.

Der Weg bis zur Fertigstellung des Ensemblefilms war steinig. Wang hatte lange mit uneinsichtigen Produzenten zu kämpfen, die aus ihrem intimen Familienporträt eine publikumswirksame Komödie à la „My Big Fat Greek Wedding“ machen wollten. Zusätzlich zu dem Unverständnis der Geldgeber kamen Koordinationsprobleme für die Dreharbeiten hinzu, da ein Großteil des Filmes unter strengen Auflagen in China gedreht wurde.

Familienfilm

Eine Gruppe asiatischer Schauspieler posiert vor einem Regenbogen und Wolken für den Film „Everything Everywhere All at Once“.

„The Farewell“ ist ein beeindruckender Debütfilm, der gekonnt die Balance zwischen Drama und Komödie hält. Ein Film für die ganze Familie!