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Filmkritik

„Utoya 22. Juli“: Entbehrlicher Voyeurismus

Der norwegische Berlinale Beitrag versucht das Leid der getöteten Jugendlichen in Echtzeit festzuhalten.

von Oezguer Anil

09/24/2018, 02:51 PM

Am 22. Juli 2011 tötete ein norwegischer Rechtsextremist 77 Menschen, 32 von ihnen waren unter 18 Jahre alt. Um 15:25 zündete der Attentäter eine Autobombe im Regierungsviertel Oslos. Anschließend fuhr er zur Insel Utoya, wo das Jugendcamp der sozialdemokratischen Arbeiterpartei stattfand und begann auf Kinder und Jugendliche zu schießen. In „Utoya 22. Juli“ begleiten wir die 19 jährige Kaja (Andrea Berntzen) auf ihrer Flucht vor dem Terroristen. Das Drama wurde in Echtzeit in einer 72 minütigen Plansequenz gedreht und versucht das Grauen der gejagten Jugendlichen erlebbar zu machen.

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Zu Beginn des Filmes schaut Kaja in die Kamera und sagt „Das wirst du nie verstehen“, doch was Regisseur Erik Poppe die kommenden 72 Minuten versucht, ist, uns den Horror vom 22. Juli 2011 verständlich zu machen. Die Menschenjagd soll so realistisch und eindringlich wie möglich sein. Die Kamera klebt an den verheulten Gesichtern der Jugendlichen, die in vollkommener Panik quer durch die Insel laufen. Aus dem Off hört man die Schüsse, die uns auf Knopfdruck einen Schauer versetzen sollen. Ein Horrortrip, der nicht wegen seiner Authentizität, sondern wegen seinem Voyeurismus unerträglich ist.

Zynisch

Dieses Jahr wurden gleich zwei Filme zu den Terroranschlägen auf Utoya veröffentlicht. "Bourne" Regisseur Paul Greengrass hielt es ebenfalls für notwendig, diesen heiklen Stoff zu verfilmen. Es wurden in Norwegen 20.000 Unterschriften gesammelt, um die Dreharbeiten auf Utoya zu verhindern. Poppe holte sich für die Verfilmung das Einverständnis von Überlebenden und Hinterbliebenen. „Utoya 22. Juli“ konzentriert sich auf die Opfer des Attentats und arbeitet in dieser Hinsicht geschickt mit seinen erzählerischen Auslassungen. Bei diesem auf wahren Begebenheiten beruhenden Film verhält es sich ähnlich wie bei „Schindlers Liste“. Diejenigen, die es für angebracht halten, dass Spielberg es zu einem Spannungsmoment macht, ob aus der Dusche Gas oder Wasser kommt, werden auch an diesem Film nichts auszusetzen haben. Wer es aber für unmoralisch und zynisch hält, mit realen Schicksalen so unreflektiert umzugehen, der dürfte bei „Utoya 22. Juli“ schon frühzeitig den Saal verlassen.

Technische Meisterleistung

 

Technisch gesehen ist dieses Drama ein Meisterwerk. Die Choreografien der Darsteller und Statisten sind bis auf das kleinste Detail einstudiert, die schauspielerischen Leistungen sind großartig, aber die Frage bleibt: Wozu das Ganze? So sehr es Erik Poppe auch versuchen will, ein Film ist nicht in der Lage, den Zuseher in die schreckliche Situation der Opfer zu versetzen. Kino bleibt Fiktion und das ist auch gut so.

3 von 10

Özgür Anil

Regisseur Erik Poppe stellt die jugendlichen Opfer des Anschlags auf das Insel-Ferienlager am 22. Juli 2011 in den Mittelpunkt seines Spielfilms.

Kommentare

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