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Filmkritik

"Suicide Tourist - Es gibt kein Entkommen": Ein langsamer Urlaub mit vorhersehbaren Todesfolgen

Nikolaj Coster-Waldau spielt hier einen Mann, der selbst Angesichts des Todes fast gänzlich unerschütterlich bleibt und dadurch perfekt in diesen langsamen Film passt.

von

Franco Schedl
Franco Schedl

06/29/2020, 06:51 AM

Versicherungsagent Max (ein durch Brille und Schnurrbart fast unkenntlich gewordener Nikolaj Coster-Waldau), stößt bei seinen Ermittlungen über einen verschwundenen Mann auf das Aurora Hotel. Dort kann man in Luxus leben und vor allem komfortabel aus dem Leben scheiden – darüber lässt ein Webvideo im Internet keinen Zweifel aufkommen. Da Max gerade selber eine Existenzkrise durchmacht, weil er an einem inoperablen Hirntumor leidet, hat offenbar der richtige Mann den passenden Ort gefunden. Das Selbstmord-Angebot übt eine Faszination auf ihn aus, der er sich nicht entziehen kann, denn auch mit seiner Ehe steht es nicht zum Besten und er belügt die Frau über den Ernst seiner gesundheitlichen Lage. Bald darauf checkt Max im Hotel Aurora ein.

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Hotel für Selbstmörder

Wie hat man sich ein Hotel für Selbstmörder eigentlich vorzustellen? Bekommt man zu den Mahlzeiten einen Teller voll Schlaftabletten? Baumeln im Fitnessraum Henkersschlingen von der Decke? Steht anstelle des Bettes ein Sarg im Zimmer? Führt der nahegelegenste Spazierweg ein paar Zentimeter am Abgrund vorbei? Und muss man die Aufenthaltskosten im Voraus bezahlen? Nichts von alledem trifft auf das Hotel Aurora zu (abgesehen von der Bezahlung, vermutlich; und der Spazierweg hat einen hohen Wasserfall zu bieten). Im abgelegenen Gebäude inmitten einer Bergeinsamkeit läuft der Tagesrhythmus geradezu eintönig ab: entweder gibt es Meditationskurse oder man führt ruhige Gespräche über die bevorzugte Todesart und umweltfreundliche Leichenentsorgung in biologisch abbaubaren Urnen; ein anderes Mal trinkt man wiederum Opiumtee und hat Halluzinationen.

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Ruhig und langsam angesichts des Todes

2017 erzählte „Euphoria“ mit Eva Green und Alicia Vikander eine ähnliche Story aus weiblicher Sicht. Dieses frühere Werk hat allerdings eine ganz andere Tonart angeschlagen und war hochemotional. Hier nimmt die Hauptfigur ihr Schicksal mit erstaunlicher Selbstbeherrschung hin: weder fällt ein lautes Wort, noch gibt es unkontrollierte Gefühlsausbrüche. Der Film hat die längste Zeit auch nichts von einem Krimi an sich, worauf der deutsche Untertitel „Es gibt kein Entkommen“ ja eigentlich hinzudeuten scheint.  Die Geschichte wird vom dänischen Regisseur Jonas Alexander Arnby („When Animals Dream“) äußerst langsam in ruhigen Bildern inszeniert. Das existentielle Drama gönnt der Hauptfigur viel Zeit mit sich selbst angesichts einer Hochgebirgslandschaft (spärliches Grün, fließendes Wasser, schneebedeckte Berge und ein Blick in die Sterne). Immerhin macht Max einmal sogar einen Witz: als er von einem anderen Gast gefragt wird, worüber sie sprechen sollen, meint er: „Wohl eher nicht über die Zukunft.“

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Skurrile Selbstmordversuche

Damit es nicht gar zu eintönig wird, besteht der Großteil des Films in Rückblenden. So erfahren wir erst nach und nach wie der Mann eigentlich auf das Aurora gestoßen ist. Es wird zugleich klar, dass Selbstmord bereits früher eine Option für ihn gewesen ist und auch in diesem Fall hat sich Max als Mensch von echter nordischer Nüchternheit erwiesen. Im Baumarkt lässt er sich von einem Angestellten in den gekauften Strick eine Schlinge knüpfen und gibt zur Auskunft, sie müsse ungefähr 92 Kilo aushalten. Doch der Suizid scheitert dann in letzter Sekunde und auch ein zweiter Versuch, mit einem schweren Gewicht im Hafenbecken zu versinken, ist nicht erfolgreich. Solche kurzen Momente mit zaghaft schwarzem Humor, wirken geradezu wie Fremdkörper in diesem Werk.

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Spannung erst zuletzt

Erst allmählich stellt sich doch noch so etwas wie dramatische Spannung ein, weil die Entscheidung, sein Leben zu verlängern, in diesem Hotel nicht akzeptiert wird. Auschecken ist keine Option und wer es dennoch versucht, wird zum Gejagten. Zuletzt entwickelt sich die Handlung zu einem bösen Traum: die Flucht durch endlos lange Bergstollen hat etwas von albdruckhaften Bildern an sich, Realität und Visionen beginnen miteinander zu verschmelzen. Jonas Alexander Arnby macht es uns nicht leicht, denn sein Film über einen langsamen Abschied vom Leben fängt erst in den letzten 20 Minuten an, wirklich interessant zu werden und man muss schon sehr ausgeschlafen sein, um bis dorthin durchzuhalten.   

2 ½ von 5 wachstumsbeschleunigten Zimmerpflanzen

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