Robert De Niro in "The Irishman".

Robert De Niro in "The Irishman".

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Vor der Linse: Warum sind Filme so lang?

Warum sind Filme so lang? In Zeiten von TikTok und Youtube sehen sich viele mit dem Problem von überlangen Filmen konfrontiert.

von Oezguer Anil

05/10/2023, 09:49 AM

In unserer neuen Rubrik "Vor der Linse" werfen wir einen Blick auf die brennenden Fragen der Filmwelt – verständlich erklärt! "Vor der Linse" erscheint an jedem Mittwoch zur Monatsmitte.

Ein Blick ins Kinoprogramm muss nicht zwangsweise nur Vorfreude auf die große Leinwand bedeuten, sondern kann einem auch einen Schreck einjagen, wenn man die Laufzeiten gewisser Filme sieht. Derzeit stehen unter anderem mit "John Wick Kapitel: 4" (2 Stunden 50 Minuten), "Tár" (2 Stunden 40 Minuten) und "Guardians of the Galaxy 3"(2 Stunden 30 Minuten) mehrere Filme mit deutlicher Überlänge im Kinoprogramm und Joaquin Phoenix’ neuer Film “Beau is Afraid” mit drei Stunden Laufzeit steht schon in den Startlöchern. 

Bei diesen Längenangaben stellt man sich immer öfters die Frage, ob es ein Film tatsächlich Wert ist, so viel Zeit dafür aufzuwenden. Filme zu schauen ist zwar eine große Freude doch es stellt sich die Frage:

Warum sind Filme so lang? 

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Wie alles begann

Um die Länge von Filmen zu verstehen, hilft es, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Als das Medium vor etwa 130 Jahren erfunden wurde, war die größte Zeitbeschränkung die Länge des Filmmaterials, weshalb die ersten Filme selten länger als 15 Minuten waren. Durch technische Neuerungen in den 1920er Jahren wurden auch Filme in der uns heute gewohnten Länge möglich. 

Bei den ersten Filmepen wie “Vom Winde verweht” (4 Stunden), “Ben Hur” (3 Stunden 30 Minuten) oder “Lawrence von Arabien” (3 Stunden 30 Minuten) wurde die lange Dauer zu einem der Verkaufsargumente, da die Überlänge ein besonders exklusives Kinoerlebnis versprach. 

Werden Filme immer länger?

Auch wenn es sich so anfühlt, dass Filme immer länger werden, ist das objektiv betrachtet nicht der Fall. Filme mit Überlänge gab es schon ab den 30er-Jahren und ihre Quantität hat im Laufe der Jahre nicht zugenommen. Das Gefühl, dass Filme immer länger werden, könnte dadurch entstehen, dass wir durch Soziale Netzwerke immer öfters mit kurzen filmischen Formen ("Reels") in Berührung kommen und wir dadurch eine völlig andere Beziehung zum Medium Film haben, als es noch vor 20 Jahren der Fall war. 

Die gesunkene Aufmerksamkeitsspanne des Publikums hält Hollywoodstudios jedoch nicht davon ab, über zweieinhalb Stunden lange Filme zu produzieren. Ein Grund dafür könnte der Erfolg und die Anerkennung sein, die längere Filme in der Vergangenheit bekommen haben. Die meisten Filme mit den historisch größten Einspielergebnissen sind zwischen zwei und drei Stunden lang und der Oscar für den besten Film ging 1978 mit "Der Stadtneurotiker" (von Woody Allen) nur einmal an einen Film, der bloß 90 Minuten lang war. 

Wie kommt die Länge eines Filmes zustande? 

Die Länge eines Filmes hängt von vielen Faktoren ab. Die entscheidendsten dabei sind die Länge des Drehbuchs und das Budget der Produzent:innen. Wenn eine Geschichte eine gewisse Zeit braucht, um erzählt werden zu können, dann wird sich das bereits in einem äußerst langen Drehbuch widerspiegeln. Ein längerer Film bedeutet jedoch auch mehr Ausgaben. Es braucht mehr Drehtage, Schauspieler:innen und Teammitglieder:innen müssen für einen längeren Zeitraum bezahlt werden und auch der Schnitt benötigt mehr Zeit.

Ein Film mit Überlänge bringt zahlreiche Hindernisse mit sich. Wenn die Laufzeit zwei Stunden überschreitet, müssen Kinobetreiber:innen den Slot für einen anderen Film streichen und damit Einbußen an den Kassen in Kauf nehmen, deshalb haben Filme über zwei Stunden Laufzeit, die nicht von Marvel und Co. stammen, es in ihrer Kinoauswertung besonders schwer.

Filme als Event

Einen Film mit Überlänge an eine TV-Station zu verkaufen ist ebenso schwieriger, da man kostbare Sendezeit beansprucht, die sonst anders gestaltet werden könnte. Durch Streaming-Plattformen ist das Problem der Verwertung von langen Filmen jedoch nahezu vollkommen verschwunden. Netflix und Co. müssen weder einen Saal mieten noch sich Sorgen darüber machen, einem anderen Film den Platz wegzunehmen, wenn sie "The Irishman" (3 Stunden 30 Minuten) oder “Bardo” ( 2 Stunden 40 Minuten) produzieren. 

Dadurch, dass es viele Filme immer schwieriger haben, das Publikum in die Kinos zu locken, wird von der Filmindustrie versucht, dem Kinobesuch ein Event-Charakter zu verleihen. Dazu gehören Podiumsdiskussionen mit Filmschaffenden oder speziell kuratierte Filmprogramme, die man nicht zuhause genießen kann. Ein Film mit bombastischen Effekten und Überlänge erfüllt auch diesen Zweck, da man zuhause nicht die technischen Möglichkeiten hat, um den Film in bester Qualität genießen zu können. Zuhause gibt es einfach viel zu viele Faktoren, die vom Filmgenuss ablenken können, vor allem, wenn der Film drei Stunden lang ist.

Sind lange Filme automatisch besser – oder schlechter?

Die Länge eines Filmes sagt jedoch noch nichts über seine Qualität aus. Filme wie "Tár" zeigen, dass man sich auch über zweieinhalb Stunden lang in eine Welt hineinziehen lassen kann, ohne gelangweilt zu sein. Problematisch wird es erst, wenn man bereits nach wenigen Minuten merkt, dass ein Film uninteressant ist – so kann sich auch ein 90-minütiger Film wie eine Ewigkeit anfühlen.

Einer der meist erwarteten Filme dieses Jahr ist Martin Scorseses "Killers of the Flower Moon" mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro in den Hauptrollen. Trotz der Kritik gegen die Laufzeit von "The Irishman" blieb die Regielegende jedoch unbeeindruckt und präsentiert auch diesmal ein mehr als dreieinhalbstündiges Epos, auf das sich Filmfans mit Sitzfleisch besonders freuen dürfen.

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