Max Hubacher und Maeve Metelka in "Sachertorte" auf Prime Video

Max Hubacher und Maeve Metelka in "Sachertorte" auf Prime Video

© Prime Video_Vratny

Filmkritiken

"Sachertorte" auf Prime Video: Zuckerschock und ganz viel Wien

Die Prime-Video-Originalproduktion verwebt süße mit romantischen Träumen und pendelt zwischen Gaumenfreude und Lebensmittelvergiftung.

von

Manuel Simbürger
Manuel Simbürger

11/17/2022, 12:57 PM

Man mag einige Zeit vom österreichischen Filmwunder gesprochen haben, aber seien wir uns ehrlich: Auf der großen Weltkarte der Filmindustrie sind wir ein winzig kleiner Punkt, der es – und wir trauen uns nochmal, ehrlich zu sein – meist eher gut meint als gut kann. 

Und trotzdem, es mag komplex sein oder vielleicht auch mit wirtschaftlichen Vorzügen zusammenhängen, wir wissen es nicht so genau: Immer öfter spielt Österreich – und ganz besonders Wien – eine gar nicht so unwesentliche Rolle in angesagten Filmen und Serien.

Agent Jack Ryan beispielsweise verschlägt es in der dritten Staffel in die österreichische Hauptstadt, Tom Cruise hüpfte in "Mission Impossible: 5" von der Wiener Staatsoper, Chris Hemsworth hat es in "Extraction 2" in Wien krachen lassen und James Bond hat sich in seiner langen Karriere schon öfter in ganz Österreich ausgetobt (zuletzt in "Spectre"). 

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"Sachertorte": Prime Video setzt auf Wien

Sieht man vom Melancholie-Klassiker "Before Sunrise" ab, ist es für ausländische Filme durchaus ungewöhnlich, die Handlung rund um die Hauptstadt aufzubauen – so, wie wir es in etwa aus "Sex and the City" und New York gewohnt sind. Die neue Prime-Video-Original-Produktion "Sachertorte" hat sich aber dafür entschieden, die ProtagonistInnen in Wien nicht einfach nur herumrennen zu lassen, sondern die Story auch mit reichlich Lokalkolorit zu versüßen. Das hat bereits – es gibt sogar einen Verweis in Form eines Easter Eggs in "Sachertorte" – 2021 mit dem rasanten Spaß "One Night Off" funktioniert, in dem Emilio Sakraya mit Baby das Berliner Nachtleben unsicher macht. 

Nun ist also Wien dran. Und deshalb geht's um Kaffehauskultur, Kulturschocks und natürlich die berühmteste Mehlspeise der Welt. Aber auch um das Suchen und Finden der Liebe.

Worum geht's in "Sachertorte"?

Als Karl (Max Hubacher) in seiner Heimatstadt Berlin zufällig die hübsche Wienerin Nini (Michaela Saba) kennenlernt, ist er überzeugt, die Liebe seines Lebens getroffen zu haben. Doch durch ein Missgeschick verliert er ihre Telefonnummer. Er weiß nur, dass seine Traumfrau ihren Geburtstag jedes Jahr um 15 Uhr im berühmten Café Sacher verbringt. Hals über Kopf verlässt er Berlin, um in Wien jeden Tag (!) im Sacher auf seine potentielle große Liebe zu warten.

Und während Tag für Tag, Monat um Monat vergeht, lernt Karl nicht nur das noble Kult-Café, sondern auch die Stadt, sich selbst und vor allem viele neue FreundInnen kennen – unter anderem die leidenschaftliche Bäckerin Miriam (Maeve Metelka), die ihm auf der Suche nach Nini hilft. Aber weil wir uns in einer klassischen RomCom befinden, ist klar: Mann und Frau können nicht einfach nur befreunden sein. Und schon wird's kompliziert ...

Süße Prämisse mit Rezeptfehlern

Die Prämisse ist genauso süß wie die Sachertorte selbst und für alle hoffnungsvollen RomantikerInnen: Jeden Tag in der Hoffnung zu verbringen, die (vermeintlich?) große Liebe zu finden – das ist der Stoff, aus dem oft die romantischsten Komödien der Filmlandschaft gemacht sind. Und es ist ein Stoff, der uns unrealistische Erwartungen an die Liebe und den/die PartnerIn haben lässt, aber RomComs haben mit der Realität so wenig zu tun wie das Sacher mit dem Kebabstandl um's Eck'.

Deshalb ist es schon okay, dass die Handlung in "Sachertorte" so stark konstruiert wirkt, dass es schon körperlicher Anstrengung bedarf, nicht im argen Unglauben darüber die Hände über den Kopf zusammenzuschlagen. Auch ist es verkraftbar, wenn die einen oder anderen Logiklöcher und Klischeefallen eben nicht umschifft werden, weil unbewusst erwartet man sich das von diesem Genre ohnehin. Dass man bereits nach zehn Minuten weiß, wie die süße Reise nach dem/r Seelenverwandten ausgeht, überrascht auch nicht. In RomComs und eben auch in "Sachertorte" ist der Weg das Ziel. 

Liebe geht durch den Magen

Genau diesen Weg legt der Film humoristisch eher leise, dafür aber durchaus charmant und augenzwinkernd zurück. Tiefgang gibt's höchstens dann, wenn Karl seine Ansicht zur Liebe (er wandelt sich vom Träumer zum Realisten) neu definiert, Miriam ihm ihre Gefühle erklärt oder der Kellner Herr Schwartz (Karl Fischer) und die noble Wiener Grande Dame Fanny Sawallisch (Krista Stadler) verstehen, dass Liebe nichts mit dem Alter zu tun hat. 

Eigentlich wird in "Sachertorte" ständig über die Liebe gesprochen, manchmal aber derart gestelzt und platt (wie leider alle Dialoge in diesem Film), dass es zwischendurch schwerfällt, sich auf die im Grunde sehr sympathische Geschichte einzulassen. Dass gerade die Hauptfigur Karl eigenartig blass in seiner Charakterisierung bleibt, hilft da freilich auch wenig. 

Wien ist anders ... oder?

Doch neben der Liebe geht's in "Sachertorte" vor allem um eines: um die Sicht unseres Lieblingsnachbarlandes auf Wien. Die könnte (man darf aufatmen!) weitaus schlimmer sein: Regisseurin Tine Rogoll und die DrehbauchtorInnen haben merklich großen Wert darauf gelegt, die Bundeshauptstadt nur von seinen schönsten Zeiten zu zeigen. Oper, Schwedenplatz, Karlsplatz, Prater, Donaukanal, you name it: Die berühmtesten Plätze Wiens werden in "Sachertorte" brav abgegrast und in Postkarten-Optik eingefangen, jeder Tourismusverband wäre stolz.

Als österreichische/r ZuschauerIn macht es zudem Spaß, bekannte Orte und Gässchen am Bildschirm zu sehen. Das eine oder andere Klischee ließ sich dann aber doch nicht vermeiden. Und mancher ach so österreichische Ausdruck wirkt etwas zu gewollt und erzwungen. Viel natürlicher wirkt schon der Soundtrack, der  u.a. mit Wanda und Bilderbuch rot-weiß-rote Töne anschlägt.

Willkommen im Sacher!

Einen besonderen Stellenwert nimmt natürlich das Cafè Sacher ein, in denen sich die besten Szenen des Films abspielen und wo auch der Kulturschock, den der Berliner Karl in Wien immerhin erleben soll, komödiantisch am stärksten greift. Nicht nur Wien, sondern auch das historische Café sind eigene Hauptrollen, ja gar eigene Charaktere im Film.

Wie nebenher erfährt der/die ZuschauerIn allerhand Geschichtliches über "das Sacher" und die Sachertorte (sowie über Wien generell), sodass der Film zwar manchmal wie ein überlanger Werbeclip wirkt, trotzdem gliedert sich der "lehrreiche Zeigefinger" organisch in die Story ein. Auch die (angenehm unaufdringliche) Gegenüberstellung von Miriams kleinem persönlichem Café und der Weltmarke Sacher hilft, die unterschiedlichen Welten, zwischen denen Karl ständig switcht, weiter herauszuarbeiten.

Übrigens: Der Crew wurde nur deswegen erlaubt, in den Innenräumen des Cafés und des Hotels zu filmen, weil die Sacher-InhaberInnen mit dem Drehbuch zufrieden waren. Wer sind da schon wir, uns darüber zu beschweren!

Nett und harmlos

"Sachertorte" ist also ein nettes, harmloses und durchaus bemühtes Märchen mit Zuckerschock-Garantie, mit dem man an einem kuschelig-verschmusten Abend, an dem das Gehirn blutleer ist, weil das verliebte Herz schnell pocht, nicht viel falsch macht. Dafür sorgt auch der deutsch-österreichische Cast: Die DarstellerInnen sind sympathisch, die Chemie passt, im Gedächtnis bleiben aber (ähnlich wie das Gesamtwerk) am Ende leider nur die wenigsten.

Hauptdarsteller Max Hubacher hat die perfekt-unbedrohliche Optik des netten Jungen von nebenan, der aber nur (zumindest in diesem Film) auf eine Handvoll an Mimiken zurückgreift. Sympathisch ist er trotzdem! Dass generell das Schauspiel des Casts oftmals unnatürlich wirkt, kennt man leider schon von vielen anderen deutschen und österreichischen Filmen/Serien.

Metelka & Stadler: Sahnehäubchen auf der (Sacher-)Torte

Es gibt sie aber auch hier im Cast, die Ausnahmen: Ofczarek-Tochter Maeve Metelka (Miriam) in ihrer ersten großen Filmrolle füllt ihre Figur mit Glaubwürdigkeit und Präsenz und darf als große Neuentdeckung gefeiert werden, von der man noch hören wird. Auch Ruth Brauer und vor allem Karl Fischer als Sacher-Personal Zora und Herr Schwatz machen Laune. Nette Easter Eggs: Große Namen wie Cornelius Obonya, Hilde Dalik, Maria Happel und Detlev Buck glänzen in Minirollen.

Der ganz große und gar nicht so heimliche Star des Films ist aber Krista Stadler als welterfahrene Sacher-Stammgästin Fanny, die nur mit einem einzigen Seitenblick all ihre jungen KollegInnen an die Wand spielt. Schade, dass Prime Video nicht den Mut hatte, eine Geschichte über die Wiener Originale Fanny Sawallisch und Herr Schwartz zu erzählen. Das wäre tatsächlich ein cineastisches Stück Sachertorte mit Originalrezeptur gewesen. 

3 von 5 Sachertorte-Stücken
 

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